In der Fachliteratur lassen sich neben dem Ausdruck Dyskalkulie auch Begriffe wie Rechenstörung, Rechenschwierigkeiten oder Rechenschwäche finden. Diese dienen dazu, in Fachkreisen eine weitere Differenzierung zu ermöglichen. Gemeinsam haben sie alle, dass sie einen markanten Rückstand im Rechenerwerb beschreiben. Dabei ist beispielsweise Rechenschwäche ein umfassender Begriff, während Rechenstörung sehr spezifisch ist. Die Rechenstörung ist die im ICD-10 festgelegte Bezeichnung für diese sogenannte Teilleistungsstörung:
F81.2 Rechenstörung
Diese Störung besteht in einer umschriebenen Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft vor allem die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten, wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten, die für Algebra, Trigonometrie, Geometrie oder Differential- und Integralrechnung benötigt werden.
Die Begriffsfindung ist für die lerntherapeutische Praxis allerdings eher zweitrangig. Denn im Vordergrund steht die Abklärung der konkreten Schwierigkeiten und der möglichen Hilfsangebote.
Eine Rechenschwäche fällt meistens zuerst den Lehrkräften auf, aber auch aufmerksame Eltern können etwas bemerken. Ist der betroffene Bereich der des Rechnens, dann sprechen wir von einer Rechenschwäche, Rechenstörung oder Dyskalkulie. Ist es der Bereich des Lesen und/oder des Schreibens, dann sprechen wir von einer Lese- und/oder Rechtschreibschwäche. Dies sind beides sog. Teilleistungsschwächen, die im IDC-10 aufgeführt sind und erforscht werden. Dabei kann es vorkommen, dass auch beide Lernbereiche gleichzeitig betroffen sind (Kombinierte Störung schulischer Fähigkeiten).
Auch bei Kindern mit Rechenschwäche verläuft die allgemeine Lernentwicklung gut, aber ein Lernbereich - hier das Rechnen - ist im Vergleich zu den Mitschülern und dem "normalen Lernerwerb" auffällig rückständig. Es gibt dabei keine „typischen Fehler“, die diese Kinder machen. Ich habe beispielsweise oft mit Kindern gearbeitet, die die Strategie des Zählenden-Rechnens nutzten. Diese Strategie ist ganz normal für einen gewissen Stand im Rechenerwerb, sollte aber im Verlauf der Schuleingangsphase von effektiveren Methoden abgelöst werden.
Zu den Ursachen lässt sich bisher leider keine eindeutige Aussage machen, was zum Teil daran liegt, dass die Rechenstörungen ein jüngeres Forschungsgebiet sind. Bekannt ist, welche verschiedenen Gehirnareale wir nutzen um zu rechnen. Es wurde aber auch festgestellt, dass es Menschen gibt, die für diese Prozesse andere Bereiche des Gehirns benutzen. Dies könnte ein Hinweis auf eine mögliche Ursache sein. Zudem werden genetische Faktoren in Erwägung gezogen, aber auch hier ist noch nichts spruchreif. Abgeklärt muss sein, dass das Kind keine unerkannten Wahrnehmungsprobleme hat, die z.B. die Vorläuferfertigkeit des Erkennens der Raum-Lage erschweren. Es können aber auch externe Faktoren zu einer Rechenschwäche führen, wie z.B. unangemessene Beschulung oder lange krankheitsbedingte Ausfälle.
Eine aufmerksame diagnostische Analyse, die alle Bereiche des Lernverhaltens erfasst ist daher der wesentliche Ansatz für eine gelungene Therapie.